Katrin Leitner
Neo-Geo_cognitive drifts
Installation, FRIDERICIANUM, 2016
Als Alexander von Humboldt die Welt bereiste, war sein Interesse, die Welt zu
vermessen und eine sachlich erforschte und empirisch begründete Geografie
zu schreiben. Katrin Leitner knipst das Licht der sicheren Verortung wieder
aus und zeichnet ein kartografisches Netz auf den Boden, das sich an der
Theorie über die physikalische „Raum-Zeitkrümmung“ von Albert Einstein
orientiert. Im verdunkelten Raum ohne Horizont wird der Boden, auf dem
wir stehen, wieder relativ, d.h. unsicher, denn das WAuge liefert eine andere
Information als das körperliche Gefühl der Schwerkraft, besonders in Bewegung.
Gleichzeitig haben wir den Eindruck, wir stünden auf einem Globus
– und sind wieder einer Science Fiction ausgesetzt, wie sie lange die Welt vor
Humboldt (wissenschaftlich) beherrscht hat.
Neben uns sind seltsame Objekte gelandet, Skulpturen, die wie Raumfahrzeuge
und Raumstationen anmuten. Ihre materiale Künstlichkeit wie ihre Formen
lassen auf eine hybride Welt schließen, in der Natur und Architektur in einer
komplexen Collage eine seltsame Liaison eingegangen sind. Ihre illusionäre
Kraft entwickeln sie aber nicht in ihrer Größe und Tatsächlichkeit sondern in
ihrer Lebendigkeit. Als Modelle reizen sie die Fantasie, lassen Pflanzen, Wohntürme,
Fahrzeuge, Haushaltgegenstände, u.a.m. entstehen. Lässt man sich ein,
kann man spannende und auch spaßige Reisen durchleben, die allerdings keine
lineare Zeit kennen, auch keine festgelegte Richtung haben, sondern ständig
die Ebenen, die Welten wechseln. Man kommt ins „driften“.
Für Katrin Leitner, sind diese Objekte „materielle Restfragmente mentaler
Prozesse, oder zu Materie gewordene kognitive Vorgänge, materialisiertes
Bewusstsein“. Es geht ihr also nicht nur um „fantastische Welten“ sondern
auch um den Blick darauf, wie sie sich konstruieren, wie z.B. architektonische
Räume psychische Zustände werden oder digitale Programme in biologisches
Leben eingreifen oder technologische Möglichkeiten neue soziale Zustände
schaffen. Bernhard Balkenhol